Menton – die östlichste Stadt Frankreichs

INTRO

Ihr seht heute die italienischste und gleichzeitig östlichste Stadt der Côte d‘Azur, erfahrt, was man alles aus und mit Zitronen machen kann und besucht den schönsten Friedhof – ja ich bin sicher: der Welt.

Außerdem könnt Ihr eindrucksvolle Kunst ansehen und wer mag, kann einen Abstecher in einer der vielen historischen Gärten machen.
Auf geht‘s!

ZUR EINSTIMMUNG

Natürlich kennen wir alle den Ausspruch “Essen wie Gott in Frankreich”.
Hier kommt eine kleine Anleitung, welche verschiedenen Möglichkeiten für die Verköstigung existieren und was die Unterschiede zu unseren Equivalenten sind.

Café

In einem Café in Frankreich gibt es keine X verschiedenen Varianten Heißgetränke und auch keinen Kuchen. Hier trinkt man eher einen schnellen Espresso (=café) im Stehen an der Bar oder gönnt sich nach dem Marktbesuch einen Pastis mit den Freunden und Nachbarn. Auch ein Gläschen Wein ist nicht verkehrt. Manchmal gibt es kleine Snacks.

Salon de Thé

Das ist gleichzusetzen mit unserem Café, hier gibt es Heißgetränke und (meist kleinere) Süßigkeiten.

Brasserie

Auf deutsch Brauerei – hier gibt es überwiegend Bier (im Restaurant eher Wein) und eine Auswahl an deftigen, meist regionalen Gerichten. Die Preise sind moderat. Aber auch Brasserien können durchaus einen Stern haben.

Crêperie

Eine Gaststätte, die ausschließlich Crêpe anbietet, oder zumindest überwiegend. Aber nicht nur Crêpe, sondern auch die salzige Variante: Galette. (Wer diese Spezialität aus Frankreichs Norden noch nicht kennt: unbedingt probieren. Buchweizenteig mit allerlei Belagvarianten, dazu trinkt man traditionell einen Cidre)

Bistro

Diese Gaststätten werden auch von Einheimischen besucht. Man findet eigentlich in jedem Dorf ein Bistro und zwar meistens auf dem Hauptplatz oder neben dem Rathaus. Die Gerichte sind durchaus aufwendig, auch wenn die Karte nicht groß ist, die Preise sind angenehm. Der Umgangston ist familiär, denn meist kennt man sich. Es macht Spaß, in einem Bistro zu essen, lecker ist es allemal und man wird nicht arm dabei.

Imbissbuden

Hier findet man belegte Baguettes in allen möglichen Varianten, warm und kalt. Die schmecken, machen satt und kosten kein Vermögen. Auch Salate gibt es und natürlich café, oft auch einen kleinen Nachtisch. Eine Besonderheit der Côte d’Azur: Pan Bagnat. Und interessant ist ein Americaine, das ist ein Burgerpatty, Salat, Tomate, Pommes… – aber alles in einem Baguette.

Restaurant

Die Auswahl ist riesig, ebenso die qualitativen Unterschiede. Der Guide Michelin ist eine Möglichkeit, sich vorab über die Qualität und den Anspruch zu informieren. Es muss auch nicht immer gleich ein Stern sein, eine Erwähnung im Guide Michelin ist eine ebenso große Qualitätsauszeichnung, nur günstiger für den Gast.
Kleiner Tipp: einige Sternerestaurants an der Côte d’Azur betreiben auch ein Bistro. Die Qualität ist genauso gut, die Preise sind allerdings deutlich angenehmer. Aber diese Bistros sind nur mittags geöffnet.

Eins noch: In Frankreich gibt es strenge Essenzeiten: Mittags von 12-14 Uhr, abends von 20-22/23 Uhr. Davor und danach ist die Küche zu. Es gibt jedoch immer mehr Ausnahmen, die service non-stop anbieten, doch könnte das dann als Hinweis angesehen werden, dass es sich um eine Gaststätte handelt, die auf Touristen ausgerichtet ist.

DIESEN GUIDE BENUTZEN

Damit ihr euch gut zurechtfindet, hier eine kurze Einführung:

Im Inhaltsverzeichnis findet ihr die einzelnen Stationen, wenn ihr sie in anderer Reihenfolge erkunden wollt, könnt ihr mit dem Inhaltsverzeichnis navigieren.

Ich habe absichtlich keine Strecke vorgeben, sondern gebe euch Adressen, denn ich will euch nicht die Entdeckerlust nehmen. Ihr sollt die Gegend erleben und euch frei bewegen. Wenn ihr irgendwo abbiegen wollt, dann tut das einfach! Die einzelnen Station sind die Ziele, wie ihr hinkommt, entscheidet ihr selber. Sobald ihr eine Station ausreichend erkundet habt und weitergehen wollt, habe ich euhc unter “Hier treffen wir uns wieder” einen Punkt genannt, ab dem ihr wieder in die Tour einsteigen könnt.

HabT einen schönen Tag und ganz viel spaß!


PLAYLIST


*Wenn bei einem Ereignis wie z.B. Urlaub alle Sinne angesprochen werden, wird der Eindruck fester im Gedächtnis verankert, weswegen ich diese Musik ausgesucht habe.
Und auch, um euch ein paar französische Interpreten vorzustellen. Also probiert mal, euch mit der Musik unvergessliche Erinnerungen zu schaffen. (Hier geht‘s zur Spotify-Playlist)

Fréro Delavega – Ton visage
Jacob Lee – Demons
Hoshi – femme à la mer
Grand Corps Malade & Camille Lellouche- Mais je t‘aime
Edward Sharpe & The Magnetic Zeros – The Ballad of Yaya
Simply Falling – Iyeoka
Marty Ray Project – Trigger
Kaleo – I Can’t go Without You
Hollow Coves – The Woods 
Sophie Zelmani – Memory loves you
Gims & Sting – Reste


WICHTIGES VORAB


Anreise

Ihr könnt Menton gut mit dem Zug erreichen, vom Bahnhof Menton sind es allerdings etwas über 15 Minuten zu Fuß bis zu unserem Ausgangspunkt.
Mit dem Auto könnt Ihr natürlich auch kommen und in einem der vielen Parkhäuser parken. Kostenlos parkt Ihr in den Gassen rund um den Bahnhof oder hier (30 Rue Henry Gréville, 06500 Menton), also ebenfalls ca. 15 Minuten Fußweg.

Findet Euren Weg zum Meer und lauft die Strandpromenade bis zu unserem Ausgangspunkt.

Musik für den Fußweg: Fréro Delavega – Ton Visage


AUSGANGSPUNKT DER TOUR


Wir starten am Parc Plage de Fossan, 06500 Menton.


1. STATION


Parc Plage de Fossan

Von hier habt Ihr einen unglaublichen Blick auf Menton. Geht bis ganz vor auf der Landzunge, dann könnt Ihr das tolle Panorama auf die Stadt voll auskosten. Am besten sucht Ihr Euch hier eine Bank oder setzt Euch an den Strand und lest Euch die Informationen durch, die ich über Menton zusammengestellt habe.


INTERESSANTES, FAKTEN, WISSENSWERTES


Menton hat knapp 300.000 Einwohner (Stand 2017) und ist der erste Ort der Côte d‘Azur nach der italienischen Grenze. Durch diese Nähe ist die Stadt nicht nur architektonisch sondern auch kulinarisch von Italien geprägt.
Aufgrund der durch die Seealpen geschützten Lage ist Menton der wärmste Ort der Côte d‘Azur mit rund 300 Sonnentagen pro Jahr, was hier eine unglaubliche Pflanzenpracht gedeihen lässt und zu einer Menge toller Gärten mit teilweise sehr exotischen Pflanzen geführt hat. Die besten Reisezeiten sind Mai / Juni & September / Oktober. Februar / März sind die regenstärksten Monate.

Menton ist eine große Stadt und dennoch nicht so anstrengend und unübersichtlich wie andere Städte. Man kann hier entspannt ein bisschen Kultur erleben und Stadtluft schnuppern, ohne seine bisherige Urlaubsentspannung zu verlieren oder danach erst mal zwei Tage Pause machen zu müssen. Dabei ist das Angebot vielfältig. Ihr könnt Kunstmuseen besuchen, Kirchen entdecken oder Gärten mit seltenen Pflanzen bewundern.
Die hübsche Architektur sowie Überbleibsel längst vergangener Zeiten wollen auch bewundert werden. Und dann ist da noch ein toller Wochenmarkt in einer wunderhübschen Halle aus der Belle Epoque.
Aber mein absolutes Must-See ist der Cimitière du Vieux Château, was gleichzeitig der Friedhof mit der besten Aussicht der Welt ist. Ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass Ihr noch niemals auf einem so beeindruckenden Friedhof wart! (Ihr dürft mir aber gerne sagen, falls doch.)
Ihr könnt Menton prima zu Fuß oder mit dem Bus erkunden. Lasst das Auto relativ zentral stehen, damit Ihr nicht schon so weit laufen müsst, bis Ihr in der Altstadt seid oder kommt am Besten gleich mit dem Zug. Wenn Ihr nicht zu Fuß gehen wollt, leiht Euch ein Fahrrad oder Moped aus (vorher reservieren!). 

Stadt der Zitronen

Menton ist die Stadt der Zitronen. Die gelbe Frucht ist nicht nur das Wahrzeichen der Stadt, sondern auch auf dem Wappen verewigt. Viele Zitrusleckereien laden in der Stadt zum Verkosten ein.
Im 19. Jh. war der Zitronenanbau der wichtigste Erwerbszweig von Menton, heute ist das nicht mehr so. Allerdings gehören die vielen Produkte aus Zitronen immer noch zu beliebten Mitbringseln. Da wäre zum Beispiel die Zitronenmarmelade, der Zitronenliqueur Limoncello, Cremes, Seifen etc aus Zitronen oder mit Zitronenduft, allerhand Gerätschaften, um Zitronen zu bearbeiten und für den sofortigen Genuss Zitroneneis oder tarte au citron, ein Zitronenkuchen mit Mürbeteigboden und einer Zitronencremefüllung. Manchmal mit Baiser auf der Creme, manchmal ohne.
Ihr solltet auf jeden Fall eine Zitronenleckerei probieren und selbst wenn Ihr ihn nicht gleich esst: nehmt einen tarte au citron wenigstens mit für morgen. So lecker! 

Seit den 1930er Jahren findet jedes Frühjahr die berühmte “Fête du Citron” statt. Tausende Tonnen Zitrusfrüchte werden dann zu riesigen Figuren getürmt und als Dekoration verwendet. Ein bisschen fragwürdig, dafür Nahrungsmittel zu nehmen, oder? Die Unmengen an Orangen und Zitronen kommen übrigens aus Spanien.

Hier treffen wir uns wieder

1780 Prom. du Soleil, 06500 Menton Vor Euch liegt nun die palmengesäumte Promenade in die Stadt, hinter Euch der große Platz im Park. Haltet Euch links.


2. STATION


Jean Cocteau Musée

Adresse: Bastion du vieux port Collection Séverin Wunderman, 06500 Menton

Jean Cocteau ist wahrscheinlich den meisten ein Begriff, zwar weiß man nicht mehr genau wo und warum, aber gehört hat man den Namen doch irgendwo schon mal.

Jean Cocteau war ein künstlerischer Tausendsassa. Er war Schriftsteller, Maler, Kostümbildner, Drehbuchautor, Schauspieler und Regisseur und noch vieles mehr und hatte großen Einfluss auf die gesamte Kunstszene. Er war mit vielen berühmten Persönlichkeiten befreundet, darunter auch einige Deutsche, die im zweiten Weltkrieg in Sanary sur Mer auf die Überfahrt nach Amerika warteten und kannte so gut wie jeden, der damals Rang und Namen hatte. Es muss eine verrückte Zeit gewesen sein, man kannte sich, man traf sich bei reichen Mäzenen und bezog mal hier, mal dort Quartier. Cocteau residierte später regelmäßig in einem Hotel in Villefranche-sur-Mer, nicht weit von Menton entfernt, lebte aber auch lange bei seinen Freunden in einer Villa am Saint-Jean-Cap-Ferrat. Dort begann er irgendwann, die Wände zu bemalen und hatte nach gut zehn Jahren sämtliche Zimmerwände der Villa dekoriert. Heute kann die Villa Santo Sospir besichtigt werden.

1956 begann Cocteau damit, ein Wandgemälde im Hochzeitssaal des Rathauses von Menton zu gestalten. 1958 war es fertig und steht seitdem während der Öffnungszeiten des Rathauses (und wenn nicht gerade geheiratet wird) für Besucher gegen einen kleinen Obolus offen. Ihr könnt dort natürlich auch heiraten!
Außerdem hat Cocteau die Kapelle Saint-Pierre in Villefranche-sur-Mer gestaltet. Sie gehörte und gehört den Fischern des Ortes und kann ebenfalls besichtigt werden (wenn einen ein Fischer reinlässt…)

Das alles erzähle ich Euch, damit Ihr gleich versteht, vor welchem Gebäude Ihr steht, wenn Ihr den Park im Rücken habt und Euch nach links wendet. Direkt an der Promenade du Soleil steht ein weißer, futuristisch anmutender eingeschossiger Bau – das musée Jean Cocteau. Auf 2700qm findet Ihr hier die bedeutendste Sammlung der Werke des Künstlers.

Ein Besuch des Museums lohnt sich und macht Spaß, ich lege ihn Euch sehr ans Herz.
Mit dem Eintrittsticket könnt Ihr übrigens auch die Bastide besuchen, das ist der Turm an der Kaimauer direkt gegenüber vom Museum.

Anschließend laufen wir die Kaimauer rauf und wieder runter. Der Blick über die Berge und rechts nur Meer – toll!

Musik für die Kaimauer: Jacob Lee – Demons

Hier treffen wir uns wieder

Vor dem Museum (Bastion du vieux port Collection Séverin Wunderman, 06500 Menton)


3. STATION


Marché des Halles – Markthalle

Wenn Ihr nun das Museum im Rücken habt, dann befindet sich links von Euch die Markthalle von Menton. Ihr müsst einmal die Straße überqueren, wahrscheinlich seht Ihr sie von Eurer Position aus nicht gleich.

Der Markt findet von 6-13 Uhr statt, falls Ihr also Glück und Hunger habt, dann kauft Euch doch ein paar leckere Dinge für ein Mittagspicknick. Aber auch von Außen ist das Gebäude von 1898 einen Blick wert. Überhaupt ist die Architektur von Menton sehenswert. Es lohnt sich wirklich, mit offenen Augen durch die Stadt zu schlendern und den Blick streifen zu lassen, auch mal hochzugucken oder abzubiegen. In den Seitenstraßen gibt es noch ein paar tolle Häuser.

Habt Ihr eigentlich schon die vielen Orangenbäume bemerkt, die die Straßen säumen? Im Winter und Frühjahr hängen sie voller reifer Früchte. Ein bemerkenswerter Eindruck.

Auf der Rückseite der Markthalle beginnt die Fußgängerzone. Geht jetzt hier auf Entdeckungstour und erkundet den Bereich zwischen der Rue de Trenca im Westen und dem Hafen im Osten.
Und probiert ein Zitroneneis oder einen tarte au citron. Überhaupt findet Ihr hier ein paar nette Zitronen-Souvenirs. Und wenn Ihr zufällig an einem Blumenladen vorbeikommt, dann kauft ein kleines Blümchen für später. Ihr werdet schon sehen, wofür.

Musik für die Stadt: Hoshi – femme à la mer

Hier treffen wir uns wieder

Quai Bonaparte, die große Straße am Ende der Fußgängerzone. Auf der einen Seite das Meer auf der anderen die bunten hohen Häuser, die das Stadtbild prägen. Zwischen den beiden Häusern Nr. 25 & Nr. 31 befindet sich eine sehr hübsche Treppe, die gehen wir hoch und kommen vor der Basilica Saint Michael Archangel an.


4. STATION


Basilika Saint-Michel-Archange

Wir haben hier eine barocke römisch-katholische Basilika von 1653 mit historischen Artefakten und Orgel aus dem 17. Jahrhundert vor uns, deren 53 Meter hoher Glockenturm seit 1701 das Stadtbild prägt:

Innen ist sie zweifelsfrei wunderhübsch und sehenswert, aber fast noch toller ist der Boden auf dem Platz davor, der vor mehr als 250 Jahren gestaltet und 2006 ein ganzes Jahr lang aufwendig renoviert wurde.
Es waren 250.000 Kieselsteine nötig, um die 170 Quadratmeter originalgetreu zu rekonstruieren. Das Motiv setzt sich aus dem Wappen von Honoré III Grimaldi, dem abgerundeten “H”, und den Initialen des Namens zusammen. Sein Vorfahre hat den Bau der Basilika 1619 in Auftrag gegeben, 1653 wurde sie geweiht und Honoré III. heiratete hier 1757. (Geht ein paar Stufen hoch, um das Motiv im Ganzen betrachten zu können.)

Nur wenige Schritte entfernt und durch eine Steintreppe verbunden, befindet sich die Chapelle de la Conception, die “Kapelle der Unbefleckten Empfängnis”. Sie wurde 1687 geweiht. Seht Euch nur mal diese hübsche Außenfassade an, die Blumengirlande ist doch toll, oder? Innen ist sie vollständig mit rotem Genueser Damast bespannt. Schaut Euch das unbedingt an.

Habt Ihr Kleingeld dabei? Dann zündet doch eine Kerze an und haltet eine stille Einkehr vor der Flamme. Ich finde, diese Art der Meditation dürfen auch Atheisten.

Musik für diesen Ort: Grand Corps Malade, Camille Lellouche – Mais je t’aime

Hier treffen wir uns wieder:

Auf dem Platz vor der Basilika.


5. STATION


Cimetière du Vieux Château

Wir nähern uns einem meiner ganz persönlichen Lieblingsorte in Menton, wenn nicht an der ganzen Côte d’Azur. Vielleicht mutet es etwas makaber an, dass ich das so sage, aber Ihr werdet gleich sehen, warum es mir so geht.

Dreht Euch so hin, dass das Meer zu Eurer Rechten liegt, die Basilika habt Ihr nun im Rücken, rechts liegt die Chapelle de la Conception. Jetzt könnt Ihr sehen, welchen Weg Ihr nehmen müsst: Es ist die rue du vieux château zwischen den Häusern gegenüber. Die Treppe beginnt bei der Kappelle und führt erstmal zu einer Art Balkon (von wo Ihr das ganze Bodenrelief vor der Basilika bestaunen könnt) und dann geht es links lang und immer den Berg hoch. Kurz vor dem Ende müsst Ihr einmal links und dann rechts abbiegen, aber das merkt Ihr aber eigentlich. Je nach Kondition kann der Aufstieg 15-20 Minuten dauern.

Musik für den Aufstieg: Edward Sharpe & the Magnetic Zero – The Ballad of Yaya
Iyeoka – Simply Falling

Oben kommt Ihr auf einer Art Kreuzung raus, geradezu befindet sich ein Parkplatz und eine Aussichtsplattofrm. Uns interessiert aber die Treppe, die sich gleich links am Ende der rue du vieux Château vor dem Zebrastreifen befindet, also unmittelbar nach der Gasse, die Ihr nach oben genommen habt, nach links abbiegen.
Das ist einer der Eingänge zum Friedhof des alten Schlosses. Doch bevor wir reingehen, will ich Euch noch kurz etwas zur Geschichte erzählen, damit Ihr auch die Besonderheiten versteht. Also setzt Euch am Besten auf eine der Bänke auf der Aussichtsplattform.

Zur Geschichte des Friedhofs

Musik, damit das jetzt nicht so trocken wird: Marty Ray Project – Trigger

Im Jahr 1804, nach vielen Kriegen und Seuchen wie z.b. der Pest, wurde ein Dekret erlassen, das es verbat, die Toten wie bisher üblich in der Kirche oder deren unmittelbaren Nähe zu beerdigen. Menton musste also einen neuen Ort finden und entschied 1807, den Monegassen die alte Burgruine auf dem Hügel abzukaufen. Die Bauarbeiten dauert und wurden abschnittsweise erledigt.

Heute besteht der Friedhof aus mehreren Terrassen mit den kunstvollsten Gräbern und vor allem einem grandiosen Rundumblick. Im Westen sieht man Italien, im Osten das Cap Ferrat und bei guten Wetter sogar bis zum Massif de l’Esterel, im Norden die Alpen und im Süden nichts als Meer.
Man findet hier deutsche, russische und viele englische Namen neben einigen französischen.
Die meisten Grabsteine stammen vom Ende des 19. / Anfang des 20. Jh. und sind wahre Steinmetzkunstwerke! Damals kamen jedes Jahr im Winter viele überwiegend britische Aristokraten, um der Kälte in ihren Heimatorten zu entfliehen und um sich z.b. wegen Tuberkulose behandeln zu lassen. Die Terrassen sind – ob aus Zufall oder mit Absicht konnte ich leider nicht herausfinden – nach Glaubensrichtungen angelegt.

An der Seite mit Blick Richtung Italien findet sich eines der eindrucksvollsten Gräber: Das der polnischen Prinzessin Janina Jelowickich Lewandowska. Sie starb im Alter von nur 29 Jahren an Tuberkulose. Die Figur wurde auf ihren Wunsch von dem selben italienischen Bildhauer (Donato Barcaglio) geschaffen, der auch die Figur auf dem Grab ihres Cousins auf dem Powązkowski-Friedhof in Warschau erschuf. Sie fand die Figur dort so bewegend, dass sie eine ähnliche auf ihrem eigenen Grab wollte.

Im unteren Teil findet man hauptsächlich protestantische Gräber mit englischen (und einigen schweizer) Namen. Auf diesen meist mit Gittern umrandeten Gräbern kann man lange Texte unterschiedlichster Natur lesen, die Inschriften, sofern noch lesbar, zeugen von meist jung Verstorbenen.

Auf den oberen Terrassen finden sich die Gräber der orthodoxen Bevölkerung slawischer Herkunft. In deren Mitte findet sich eine orthodoxe Kapelle mit hübschem Zwiebeldach und noch hübscherem Ausblick.

Die ockerfarbene Grabkammern, eine neben der anderen, sind die Gräber der ältesten Menton-Familien. 

Auf dem Cimetière du Vieux Château gibt es auch einiges Kurioses zu entdecken. Eine sehr traurige Geschichte ist die von Ernst Lentz. In kyrillischen Buchstaben steht auf dem Doppelgrab: „Vor allem, bemitleide uns nicht. Unser sehnlichster Wunsch war es, für die Ewigkeit wieder vereint zu sein und wir sind es “. Der Russe kam nach Menton, um seine Tuberkulose zu behandeln, doch sein Zustand verschlechterte sich. Kurz nach seiner Heirat starb er. 
Am selben Tag beging seine Frau Selbstmord. Sie waren 24 und 22 Jahre alt.

Mich berührt am Meisten das Grab von Alice Farquharson, sie starb am 19. März 1861 und wurde nur 12 Jahre alt. Ich habe keine Verbindung zu ihr oder der Familie Farquharson, aber es rührt mich, dass sie so früh gehen musste und hier alleine begraben liegt. Also bringe ich ihr manchmal ein Blümchen mit, wenn ich herkommen.
Habt Ihr vorhin auch ein Blümchen gekauft? Dann legt es auf ein Grab, das Euch anspricht und gedenkt der Toten, die schon so lange und so vergessen hier liegen. (Wenn Ihr mögt, verseht das Foto von Eurem Blümchen mit dem Hashtag #travelwithyourlocalhero und wir reposten es.)

Tipp: beachtet die Öffnungszeiten (Unter Vorbehalt: Im Sommer bis 20 Uhr, im Winter bis 17 Uhr.)
Und lasst Euch Zeit, plant mindestens 45 Minuten ein und gebt Euch die Zeit, immer wieder Neues zu entdecken und die Aussicht zu genießen.

Musik für den Friedhof: Kaleo – I can’t go on without you

Hier treffen wir uns wieder

Am Boulevard de Garavan, direkt gegenüber von dem Eingang, durch den Ihr reingekommen seid, auf dem kleinen Aussichtspunkt.

Unser gemeinsamer Tag ist beendet. Ihr könnt jetzt gemütlich über die Montée du Souvenir (das ist die Straße, die rechts vom Friedhof hinunterführt) wieder runter zum Meer gehen. Oder Ihr nehmt die selbe Gasse, über die Ihr hochgekommen seid.
Für alle, die noch können und wollen, habe ich noch eine schöne Bonus-Station in petto.


Bonus


Jardin botanique exotique El Rahmeh

Ich habe ja schon von den milden Temperaturen, vielen Sonnenstunden und den Gärten erzählt. Wir gucken uns jetzt einen wunderschönen Garten an, in dem auch Hunde erlaubt sind. Vom Friedhof aus ist es ein knapper Kilometer Fußweg. Später können wir vom Garten auch zu Fuß zurück zum Hafen laufen.

Adresse: Chemin Saint-Jaques

Es ist ein bisschen schwer zu finden, deswegen gebe ich dieses Mal den Weg vor. Ihr nehmt den Boulevard de Garavan, der beim Friedhof beginnt, und geht ihn ca 1 km entlang. Kurz bevor rechts von Euch ein riesiger, eingezäunter Olivenhain beginnt (der parc départemental du pian) führt eine kleine, enge Treppe nach unten. Das ist der Chemin Saint-Jaques, den nehmen wir bis zum Haupteingang des Gartens.

Musik für den Weg: Hollow Coves – The Woods

Für mich war der Garten bei unserem Besuch eine Oase der Ruhe. Man ist mitten in der Stadt, aber vollkommen von Grün umgeben. Die Stille und die verschiedenen Bereiche des Parks hinterlassen ein Gefühl von Kurzurlaub in einem exotischen Land. Ihr müsst auf jeden Fall die Öffnungszeiten prüfen, denn über Mittag und jeden Dienstag ist der Garten geschlossen und im Winter sind die Öffnungszeiten auch anders. Es gibt auch geführte Touren.

Das Gelände des heutigen Gartens bestand früher aus Ackerland und einem 1875 erbauten Gebäude. 1905 erwarben Lord Percy Radcliffe und seine Frau Rameh das Gelände, erweiterten es und ließen einen Garten mit exotischen Pflanzen anlegen. Die prächtige Palmenallee heißt noch heute jeden Besucher willkommen.
In den 1920er Jahren wurde die Villa im italienisch-provenzalischen Stil umgebaut und Lord Radcliffe gab dem Gelände den Namen “Val Rahmeh” (persisch für “Tal der Ruhe”) in Erinnerung an seine 1924 verstorbene Frau. 

1957 kaufte die exzentrische Engländerin Miss May Bud Campbell das Gelände und erweiterte es um ein weiteres Grundstück im unteren Teil. Die gelernte Botanikerin pflanzte seltene und besondere Arten aus allen Kontinenten in ihren Garten, wobei sie ein besonderes Interesse für Nachtschattengewächse hatte.
1966 musste sie das Anwesen verschuldet an den Staat abtreten, der die Pflanzen thematisch anordnen ließ und 1967 der Öffentlichkeit zugänglich machte. Heute pflegen 4 Gärtner das Anwesen.

Musik für den Garten: Sophie Zelmani – Memory loves you

Auf der Website des Garten seht Ihr eine Übersicht über die Pflanzen, z.b. gibt es Papyrus, Pfefferbaum, Lotus, Johannesbrotbaum, Seerosen mit Blättern von 2 Metern Durchmesser, Guavenbaum, viele verschiedene Zitrusarten und noch so viel mehr zu entdecken. Nicht nur Gartenfreunde werden hier ihre Freude haben.
Über den Chemin Saint-Jacques gelangt Ihr anschließend runter ans Meer und wieder zurück in die Altstadt von Menton.

Musik für den Weg zurück: GIMS, Sting – Reste

ENDE

© Côte d’Azur unlimited, 2024

Fréjus – 2000 Jahre an einem Tag

INTRO

Fréjus kennst du vielleicht als die größere Schwester von Saint Raphaël, aber man hält dort nicht unbedingt an, wenn man von Cannes nach Saint Tropez fährt.
Doch beides sind alte Römerstädte und in Fréjus kann man wirklich viel erleben, besonders, wenn man sich für Geschichte und die Antike interessiert. Oder gerne auf den Spuren der Vergangenheit wandelt. Und das tust du heute: Du wandelst durch die Epochen und schaust dir die Zeugnisse längst vergangener Zeiten an.
Das wird toll.

Ich empfehle für die heutige Tour, ein Fahrrad oder eine Vespa auszuleihen. Die Gesamtstrecke ist auch zu Fuß machbar, aber da es auch durch wenig eindrucksvolle Wohngebiete geht, ist die Tour mit einem fahrbaren Untersatz etwas reizvoller, denn dann passiert man diese Teile etwas schneller.
Die Tour mit dem Auto zu machen, wäre etwas mühsam, da die gesamte Strecke nur 5 km beträgt und man dann immer wieder nahegelegene Parkplätze finden muss, was je nach Saison etwas mühsam werden könnte.

Zur Einstimmung

Ich erkläre an dieser Stelle gerne französische Eigenheiten und Besonderheiten, damit du dich auch außerhalb der Tour gut zurechtfinden kannst.
Eines der wichtigsten Thema in Frankreich ist das Essen, essentieller Teil der französischen Kultur. Deswegen geht es heute um die Sterneküche.

Der Guide Michelin

Hast du dich schon mal gefragt, ob der Guide Michelin und das Michelin-Männchen etwas gemeinsam haben? Die Antwort ist ja, denn beide gehören zu dem bekannten französischen Reifenhersteller. Wirklich! Michelin hat den ersten Guide am 14.04.1900 als Werkstatt-Wegweiser für die damals ca. 3.000 französischen Autofahrer herausgebracht. In dem Buch standen z.b. Tipps zum Umgang mit dem Auto und den Reifen sowie Namen von Werkstätten, Batterieladestationen und Benzindepots. Erst 1923 gab es erste Restaurant- und Hotelempfehlungen in dem mittlerweile kostenpflichtigen Guide. Im Laufe der Zeit kamen dann die Sternebewertungen hinzu und seit 1936 gibt es die auch heute noch gültigen Bewertungskriterien.

1, 2 oder 3 Sterne

Ein Stern: „Raffinierte Küche – einen Stopp wert!“
Zwei Sterne: „Spitzenküche – einen Umweg wert!“
Drei Sterne: „Einzigartige Küche – eine Reise wert!“

Aber es gibt mittlerweile nicht nur Sterne, sondern auch Bib Gourmand, grüne Sterne und Assiette (= Teller). Die Auszeichnung „Bib Gourmand“ (Von Bibendum, so heißt das Michelin-Männchen) steht für ein tolles Preis-Leistungsverhältnis bei den Mahlzeiten. Grüne Sterne werden seit 2020 für Nachhaltigkeit vergeben (wobei es um Aufzucht, Haltung, Transport und Verarbeitung der Lebensmittel geht) und Restaurants, die nach Ansicht der Redaktion empfehlenswert sind (auch wenn sie keine Auszeichnung erhalten), bekommen ein Teller-Symbol.

Übrigens wird mit den genannten Kriterien nur die Küchenleistung ausgezeichnet. Für Service und Ambiente werden (bis zu fünf) Bestecke vergeben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Restaurant mit einem Stern nicht zwangsläufig einen tollen Service oder eine ansprechende Einrichtung haben muss.

Mein Tipp lautet: Wenn du richtig gut essen willst, ohne arm zu werden, dann such dir Restaurants mit Bib Gourmand Auszeichnungen aus.
Wenn du schick feiern willst, dann achte besonders auf die Anzahl der Gabeln.

DIESEN GUIDE BENUTZEN

Damit du dich gut zurechtfindest, hier eine kurze Einführung:

Im Inhaltsverzeichnis findest du die einzelnen Stationen, wenn du sie in anderer Reihenfolge erkunden willst, kannst du mit dem Inhaltsverzeichnis navigieren.

Ich habe absichtlich keine Strecke vorgeben, sondern gebe dir Adressen, denn ich will dir nicht die Entdeckerlust nehmen. Du sollst die Gegend erleben und dich frei bewegen. Wenn du irgendwo abbiegen willst, dann tu das einfach! Die einzelnen Station sind die Ziele, wie du hinkommst, entscheidest du selber. Sobald du eine Station ausreichend erkundet hast und weitergehen willst, habe ich dir unter “Hier treffen wir uns wieder” einen Punkt genannt, ab dem du wieder in die Tour einsteigen kannst.

Hab einen schönen Tag und ganz viel spaß!


PLAYLIST


*Wenn bei einem Ereignis wie z.B. Urlaub alle Sinne angesprochen werden, wird der Eindruck fester im Gedächtnis verankert, weswegen ich diese Musik ausgesucht habe.
Und auch, um dir ein paar französische Interpreten vorzustellen. Also probier mal, mit der Musik unvergessliche Erinnerungen zu schaffen. (Hier geht‘s zur Spotify-Playlist)

Guillaume Grand – Toi & Moi
Mark Gillespie – The Light At The End
Larkin Poe – Look Away
Kaleo – Save Yourself
Angus & Julia Stone – Chateau
L.E.J – L’époux pour un soir
Fleurie, Tommee Profitt – Breathe
Meute – You & Me
Sophie Zelmani – Memories
Claudio Capéo – Un homme debout


WICHTIGES VORAB


Wenn du dich Fréjus von der Küstenstraße nähert, wunderst du dich möglicherweise erstmal, warum du hier überhaupt aussteigen sollst, es wirkt nicht gerade einladend, eher wie eine typisch verbaute Stadt am Meer. Da bin ich ganz bei dir und meinetwegen musst du in Fréjus an der Küstenstraße auch nicht unbedingt aussteigen :-). Ich bringe dich an Orte, wo sich das aussteigen lohnt.

Die Geschichte

An der Stelle vom heutigen Fréjus wurde bereits in der Antike gesiedelt. Das Forum Julii wie Fréjus damals hieß wurde wahrscheinlich von Cäsar selbst ca. 49 v. Chr. gegründet und unter Kaiser Augustus zu einer wichtigen Marinestadt ausgebaut, in der ca. 30.000 Menschen lebten. Überreste von einigen der Bauwerke können heute noch besichtigt werden – was du gleich tun wirst. Z.B. das römische Aquädukt und das Amphitheater. Die römischen Ruinen liegen über die ganze Stadt verteilt.

Zu Römerzeiten war die Stadt von einer Mauer mit 4 Stadttoren umgeben. Die Wasserversorgung erfolgte über ein knapp 40 km langes Aquädukt, von dem du an zwei Stellen Überreste sehen wirst. Historiker vermuten, dass die Stadt damit rund 300 Jahre lang mit Wasser aus dem Fluß Foux versorgt, wobei ein Großteil der Anlage unterirdisch bis kurz vor die Stadt verläuft.
Der frühere Hafen begann bereits in der Spätantike zu versanden und wurde zur Zeit der Französischen Revolution zugeschüttet. Einer der zwei Türme, die den Hafeneingang sicherten, ist noch erhalten. Die Laterne d’Auguste, das Leuchtfeuer Augustus, befindet sich mittlerweile quasi mitten in der Stadt, denn das Meer hat sich seit der Römerzeit um fast 2 km zurückgezogen.
Bei einem Spaziergang durch das heutige Fréjus stößt man überall auf Überreste aus der Römerzeit, z.b. Teile der Stadtmauer (Clos de la Tour), die Porte des Gaules (rue Henri-Vadon), das westliche Stadttor und die Porte d’Orée, wo noch Reste der Thermen zu sehen sind (rue des Moulins).

Im 4. Jh. wurde Fréjus Bischofssitz, der Hafen war mittlerweile ein Handelshafen und brachte der Stadt großen Reichtum.
940 wurde Fréjus zum ersten Mal zerstört (von den Sarazanen), als blühender Bischofssitz erstand sie wieder auf und war damit Frankreichs zweites Bistum, bis es Ende des 15. Jh. erneut zerstört wurde, dieses Mal durch Piraten und die Pest. Aber es wurde nie wieder so groß wie zu Zeiten der Römer.

Im Ersten Weltkrieg wurde Fréjus zum Stützpunkt für die Kolonialtruppen aus Afrika und Asien, was zu zwei sehr interessanten Bauten führte: der Moschee Missiri und der buddhistischen Pagode Hong Hien. Die Mosche wurde 1930 erbaut und ist eine Kopie der Moschee von Djenné im heutigen Mali. Sie liegt 5 km von Fréjus entfernt an der D4 Richtung Fayence und kann nur von außen besichtigt werden.
Die Pagode liegt neben einer imposanten Gedenkstätte, die du besuchen wirst.

Ein weiteres geschichtliches Ereignis muss noch erwähnt werden, denn es prägte das kollektive Gedächtnis von Fréjus und der gesamten Region: 1959 brach der nur wenige Kilometer entfernt liegende und erst 5 Jahre alte Staudamm. Die Flutwelle war gigantisch und erfasste große Teile von Fréjus. Über 400 Menschen starben an diesem Tag. Die Ursache ist nie endgültig geklärt worden.

Du siest, es war viel los in Fréjus im Laufe der Jahrhundert. Bereit, in die Geschichte einzutauchen?

Musik für die Anreise: Guillaume Grand – Toi & Moi


AUSGANGSPUNKT DER TOUR


Start ist am Mémorial du cinquantenaire de Malpasset, avenue de Verdun, 83600 Fréjus.

Tipp: Wenn Du mit dem Auto ankommst, kannst Du z.b. am parking des arènes gratis parken. Es gibt noch ein paar weitere gratis Parkplätze in Fréjus.

Die heutige Strecke kannst Du komplett zu Fuß erledigen, wenn Du möchtest. Die geschichtlichen Highlights von Fréjus liegen auf einer Strecke von ca. 5km. (Wenn Du meinen Bonustipp noch mitnehmen willst, sind es 8 km.) Zurück kannst Du ein Taxi oder Bus nehmen.
Oder vielleicht leihst du ein Fahrrad oder eine Vespa und machst die Tour damit.


1. STATION


Mémorial du cinquantenaire de Malpasset

Musik am Memorial: The Light At The End – Mark Gillespie

Ca. 30 km oberhalb von Fréjus im Reyran-Tal ereignete sich am 2.12.1959 eine der größten Katastrophen in der Geschichte Frankreichs, als um 21:13 Uhr der Staudamm von Malpasset brach. Mindestens 423 Tote und viele Vermisste, die nie gefunden wurden, weil die Flutwelle alles mit sich riss und ins Meer spülte. Eine 1,5 Kilometer breite Schneise der Verwüstung. 50 Millionen Kubikmeter Wasser rauschten in einer 40 Meter hohen Flutwelle mit 70 km/h Richtung Meer. Nach 20 Minuten erreichte sie Fréjus und hinterließ nichts als Schlamm und Verwüstung. Man kann es sich kaum vorstellen. Wen Du bis zum Staudamm läufst, kommst du an riesigen Betonteilen vorbei, die im Flusslauf weit vom Staudamm entfernt liegen. Da bekommst du ein Gefühl für die ungeheure Kraft der Wassermassen.

Es ist eine unglaubliche Katastrophe, viele Familien in Fréjus haben sich nie davon erholt, fast jede hat einen Angehörigen oder Bekannten verloren. Die Katastrophe wurde nie richtig aufgearbeitet, niemand ist zur Rechenschaft gezogen worden, es gibt keine Veröffentlichen.

An dieser Gedenkstätte, vor der du stehst, wird an den Tag und die Opfer gedacht. Dieses Unglück ist eines der größten neuzeitlichen Ereignisse in der Geschichte Frankreichs.

Insidertipp: Ihr könnt die Überreste des Staudamms besichtigen. Nach einer kleinen Wanderung von ca. 1,5 Std. erreicht Ihr vom Parking départ excursion du barrage de Malpasset aus die Reste der Talsperre.

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Direkt neben dem Memorial (296 Rue Henri Vadon) befindet sich das Amphitheater, das du als nächstes ansiehst.


2. STATION


Arena

Das römische Amphitheater (Les Arènes) wurde im 1. Jh. n. Chr. errichtet und bot bei einer Höhe von 28 Metern fast 14.000 Zuschauern Platz, die sich hier von Gladiatorenkämpfen und Tierhatzen unterhalten liessen.
Da es überwiegend für die Unterhaltung der einfachen Soldaten gedacht war, war es nicht sehr groß, lediglich 114 m lang und 82 m breit.
Heutzutage finden in der Arena immer noch Veranstaltungen statt, allerdings sind die Überreste nur mehr ca. 13 m hoch und somit reicht der Platz darin für max. 5.000 Personen aus.

Falls du das Gebäude von innen besichtigen willst, musst du Eintrittsgeld bereit halten.

260 m weiter die rue Henri Vadon hinunter befindet sich die Porte des Gaules, das westliche Stadttor. Da du sowieso in diese Richtung gehst, empfehle ich, daran vorbeizulaufen. Es ist eingezäunt, aber sichtbar. Die Porte d’Orée befindet sich in der rue des Moulins, ist aber eigentlich nur ein kleines Stück Mauer.

Musik für die Stimmung: Larkin Poe – Look Away

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Als nächstes besichtigst du die Kathedrale in der rue de Fleury.
Flaniere unbedingt auch ein bisschen durch die Altstadt und schau sie dir an, bevor du dich der Kathedrale zuwendest.

Übrigens ist direkt neben der Kathedrale der Marktplatz. Üblicherweise findet der Markt Mo-Sa vormittag statt. Falls du also an einem dieser Tage hier bist, dann kauf doch für ein Picknick ein und mach es dir nachher im parc aurélienne zum Essen gemütlich. Oder gönn dir einen Kaffee oder einen Pastis in einem der umliegenden Cafés. (Falls kein Markt ist, kannst du dir in einer Bäckerei ein belegtes Baguette mitnehmen. Es gibt formule, das sind Menüs: Du bekommst das Baguette, ein Getränk und einen Nachtisch für einen akzeptablen Preis, ca. 10-15 €.)


3. STATION


Cathédrale Notre-Dame et Saint-Léonce

Anlässlich des Konzils von 374 wird zum ersten Mal eine christliche Gemeinde in Fréjus erwähnt.
Von der ursprünglichen Kathedrale aus dieser Zeit ist nur noch eine Mauer übrig, die im südlichen Säulengang des heutigen Klosters besichtigt werden kann.

Die heutige Kathedrale wurde vom 11. bis 14. Jh. errichtet und besteht aus zwei nebeneinander liegenden Schiffen. Das linke hat ein romanisches Tonnengewölbe, ist ca 100 Jahre älter als das rechte und dem heiligen Stephanus gewidmet. Das rechte hat ein frühgotisches Kreuzrippengewölbe und ist der Jungfrau Maria gewidmet. Der Glockenturm stammt aus dem 16. Jh.
Bemerkenswert ist die Taufkapelle, die zu den ältesten und besterhaltensten Frankreichs zählt. Sie stammt aus dem 5. Jh. und hat einen achteckigen Grundriss. Bis zum 18. Jh. liefe eine Taufe hier so ab: der Täufling betrat das Baptisterium durch die niedrige Tür, wurde vom Bischof vollständig im Taufbecken untergetaucht, mit geweihtem Öl gesalbt und durfte anschließend durch die hohe Tür zum ersten Mal in die Kathedrale eintreten. (Ungetaufte durften das nämlich nicht.)

Der Kreuzgang wurde im 13. und 14. Jh. für die Geistlichen des Klosterkapitels errichtet. Das zweite Geschoss wurde während der französischen Revolution weitgehend zerstört.
Die Decke des Kreuzgangs ist eine Besonderheit, sie wurde im 14. Jh. aus Lärchenholz gefertigt und jede einzelne der über 1200 Kassetten wurde verschieden bemalt, mit Porträts, Heiligen, Szenen aus kirchlichem und alltäglichen Leben und Fabelwesen. Wahrscheinlich war das nur möglich, weil es sich nicht um einen Kreuzgang des Mönchsklosters handelte, sondern jeder der wollte durch diesen Kreuzgang in die Kathedrale gehen konnte.
Schaut also unbedingt nach oben, denn diese Deckengestaltung ist ein in Frankreich einzigartiges und sehr ungewöhnliches Beispiel für Wandmalerei aus dem 14. Jh.

Musik für die Besichtigung: Kaleo – Save Yourself

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Mach erstmal ein Päuschen und erhol dich ein bisschen, denn als nächstes geht es wieder viele Jahrhundert zurück. Wir gehen zum römischen Theater, avenue du Théâtre Romain.


4. STATION


Théâtre Romain & Aquädukt

Das Theater wurde zur gleichen Zeit wie die Arena erbaut, also im 1. Jh. v. Chr. und ist ebenso wie sie recht klein. Mit dem Durchmesser von 84 m konnte es damals ca. 2.000 Gäste aufnehmen, heute finden noch 900 Platz.

Ein Stück weiter auf der Hauptstraße kommst du an einem beeindruckenden Stück des Aquädukts vorbei: 405-561 Av. du 15eme Corps d’Armée.

Das römische Aquädukt wurde ca. im 1. Jahrhundert erbaut und diente über 300 Jahre lang dazu, Wasser vom Fluss Foux und dem Fluss Siagnole über vierzig Kilometer nach Fréjus zu bringen. Die ersten fünf bis sieben Kilometer sind immer noch in Betrieb.
Heute zeugen noch einige Pfeiler und Arkaden von dieser architektionischen Meisterleistung antiker Baukunst.

Musik für das Theater: Angus & Julia Stone – Chateau
Und Musik für die Weiterfahrt: L.E.J – L’époux pour un soir

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Du hast noch eine Station in der römischen Antike, bevor du einen riesigen Zeitsprung machst und im 20. Jh. ankommst. Die letzte Station römischer Baukunst befindet sich im Park Aurelia. Av. du Général d’armée Jean Calliès.


5. STATION


Park Aurelia

Direkt am Eingang des 22 Hektar großen Parkes gibt es ein weiteres Teilstück des römischen Aquädukts. Wenn du die Strecke mit dem Rad gekommen bist, kannst du dir jetzt wahrscheinlich besser vorstellen, wie lang das Aquädukt einst war.

Im Park machst du nun den erwähnten Zeitsprung: Die Villa Aurelia, im Renaissancestil erbaut, stammt von 1880 und ist nur zugänglich, wenn Ausstellungen stattfinden. Aber von außen sieht sie wirklich eindrucksvoll aus.
Falls du dir ein Picknick mitgebracht hast, dann such dir ein hübsches Plätzchen und lass es dir schmecken.
Hast du auch die vielen Fliesen mit Tierzeichnungen an dem Hauptweg Richtung Villa bemerkt?

Musik für auf-dem-Rücken-liegen-&-die-Sonne-durch-die-Blätter-sehen: Fleurie, Tommee Profitt – Breathe

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Der nächste Zeitsprung bringt dich zur Mitte des 20. Jh.
Wir treffen uns vor dem Denkmal für die im Indochinakrieg Gefallenen, 862 Av. du Général d’armée Jean Calliès.


6. STATION


Denkmal für die Gefallenen im Indochina-Krieg

Jetzt kommen wir zu einem nicht sehr schönen Thema: Krieg. Über Frankreichs komplexe Kolonialgeschichte will ich jetzt nicht referieren, ich schreibe nur auf, was du brauchst, um zu verstehen, was es mit dieser Gedenkstätte auf sich hat. Aber erst mal zur Gedenkstätte selber.

Musik zum Text-Lesen: Meute – You & Me

Das beeindruckende Denkmal wurde vom Architekten Bernard Desmoulin entworfen und besteht aus einer kreisförmigen Promenade mit einem Durchmesser von 110 m, die auf Stelzen über dem Boden steht. Es wurde am 16.02.1993 eingeweiht und ist der Erinnerung an die Soldaten gewidmet, die zwischen 1939 und 1954 u.a. in Indochina für Frankreich gefallen sind.
Die “Mauer der Erinnerung” ist 64 m lang und geht einmal quer durch das Hauptgebäude. Hier sind die Namen von fast 35.000 gefallenen Soldaten verewigt, die ihr Leben für Frankreich gaben und deren Leichen entweder vermisst, zurückgelassen oder den Familien übergeben wurden. Die Namen sind nach Todesjahr geordnet und in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet.
Aber es ist nicht nur ein Denkmal, sondern auch eine Nekropole, denn auf zwei Ebenen liegen hier die Überreste von 17.255 identifizierten und 3.152 unbekannten Soldaten. In der unteren Ebene befinden sich die Toten aus Südvietnam und in der oberen Ebene diejenigen aus Nordvietnam.
Im zivilen Teil der Gedenkstätte ruhen die Überreste von 3.515 Zivilisten.
Auf dem Gelände wurde eine Andachtsstätte für Meditation und innere Einkehr geschaffen, die den vier Hauptreligionen gewidmet ist.

Zur Geschichte

Der Indochinakrieg ging von 1946 – 1954 und war ein Krieg zwischen Frankreich und der kommunistischen “Liga für die Unabhängigkeit Vietnams” (= “Viet Minh“).
Die französische Seite versuchte, ihre politische Herrschaft in der Kolonie wieder herzustellen, nachdem sie durch die japanische Einflussnahme im Ersten Weltkrieg vorübergehend entmachtet wurde. (“Die französische Landnahme erfolgte ab 1858 im Süden Indochinas unter Einsatz von militärischer Gewalt, 1887 war die Kolonisierung der Region abgeschlossen worden.” Quelle: Wikipedia)
Die Viet Minh verfolgten das Ziel eines unabhängigen und kommunistischen Vietnams. 
“Bis 1949 war der Konflikt vor allem ein Guerillakrieg […] Ab 1949 entwickelte sich der Konflikt […] zu einem Stellvertreterkrieg innerhalb des Kalten Krieges. […] nach der Niederlage von Dien Bien Phu [willigte Frankreich] auf der Indochinakonferenz 1954 in Genf in eine Verhandlungslösung ein, die maßgeblich von China bestimmt war und die durch die Intervention der USA in die Teilung Vietnams mündete. Diese Teilung des Landes führte schließlich zum Vietnamkrieg. […] Der Krieg war Teil einer Kette von militärischen Auseinandersetzungen, die in den Ländern Indochinas von 1941 bis 1979 stattfanden.” (Quelle: Wikipedia)

Die Friedhöfe, auf denen die gefallenen französischen Soldaten in Vietnam begraben waren, wurden auf französische Kosten unterhalten. 1982 forderte die vietnamesische Regierung, dass drei Friedhöfe in dicht besiedelten Gebieten entfernt werden sollten. Ab 1986 wurde deshalb mit der Rückführung von 27.000 Leichen französischer Soldaten und Zivilisten begonnen, was insgesamt ein Jahr dauerte.
Die Stadt Fréjus bot als Platz für das Denkmal für die Kriege in Indochina das Gelände eines ehemaligen Militärlagers an.

Musik für den Rundweg: Sophie Zelmani – Memories

Am Eingang gibt es ein kleines Museum zur Geschichte Französisch-Indochinas.
Nimm dir Zeit und lass die Stimmung dieses beeindruckenden Gebäudes wirken.

Dies war die letzte “offizielle” Station unserer Tour durch die Epochen in Fréjus.


Insidertipp


Pagode Hông-Hiên

Die Pagode befindet sich gleich neben dem Denkmal und ist unbedingt einen Besuch wert, einfach, weil es unglaublich surreal ist, eine buddhistische Anlage mitten in der französischen Vegetation zu besuchen.
Allerdings wird eine Eintrittsgebühr erhoben und es gilt, die Öffnungszeiten zu beachten.

Die Pagode wurde 1917 vom 4. Infanterie-Regiment der Kolonialtruppen aus Indochina nach Vorbild der traditionellen Pagoden aus Vietnam erbaut. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde das Gelände verlassen und verfiel, bis 1954 vietnamesische Flüchtlinge mit der Renovierung begannen. Bis heute ist die Pagode als Gotteshaus in Betrieb.
Im umliegenden Garten befindet sich ein taoistischer Tempel und viele Statuen. Der goldene, schlafende Buddha ist mit 10 m Länge der größte Europas.
Beeindruckend ist die zwei Tonnen schwere und zwei Meter hohe Glocke, die man vorsichtig (!!) anschlagen darf. Anschließend legt man seine Hände auf die Glocke und lässt sich von den Vibrationen durchdringen, bis sie verhallen. Die freundlichen Mitarbeiter am Empfang erklären das Prozedere genauer.
Auch beeindruckend sind die vielen Lotuspflanzen im Teich vor der Pagode, die übrigens nur von Buddhisten betreten werden darf.
Lass dir Zeit hier und tauche in die fremde Kultur ein.

Musik: Claudio Capéo – Un homme debout


BONUS


Chapelle Notre-Dame-de-Jérusalem

3,5 km von der letzten Station entfernt befindet sich die Chapelle Notre-Dame-de-Jérusalem. Sie ist die letzte Kapelle, die Jean Cocteau gestaltet hat. Du weißt vielleicht, dass dieser Allround-Künstler viele Jahre an der Côte d’Azur lebte und u.a. mehrere Kapellen bemalt hat sowie den Hochzeitssaal im Rathaus von Menton. 1963 starb Cocteau und konnte seine letzte Arbeit an der Kapelle Notre-Dame-de-Jérusalem nicht mehr beenden. Sein Adoptivsohn übernahm die Fertigstellung.
Der Eintritt in die Kapelle ist frei, allerdings solltest du die Öffnungszeiten beachten.

Letztes Lied: Sophie Zelmani – Memories

Ende

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