INTRO

Fréjus kennst du vielleicht als die größere Schwester von Saint Raphaël, aber man hält dort nicht unbedingt an, wenn man von Cannes nach Saint Tropez fährt.
Doch beides sind alte Römerstädte und in Fréjus kann man wirklich viel erleben, besonders, wenn man sich für Geschichte und die Antike interessiert. Oder gerne auf den Spuren der Vergangenheit wandelt. Und das tust du heute: Du wandelst durch die Epochen und schaust dir die Zeugnisse längst vergangener Zeiten an.
Das wird toll.

Ich empfehle für die heutige Tour, ein Fahrrad oder eine Vespa auszuleihen. Die Gesamtstrecke ist auch zu Fuß machbar, aber da es auch durch wenig eindrucksvolle Wohngebiete geht, ist die Tour mit einem fahrbaren Untersatz etwas reizvoller, denn dann passiert man diese Teile etwas schneller.
Die Tour mit dem Auto zu machen, wäre etwas mühsam, da die gesamte Strecke nur 5 km beträgt und man dann immer wieder nahegelegene Parkplätze finden muss, was je nach Saison etwas mühsam werden könnte.

Zur Einstimmung

Ich erkläre an dieser Stelle gerne französische Eigenheiten und Besonderheiten, damit du dich auch außerhalb der Tour gut zurechtfinden kannst.
Eines der wichtigsten Thema in Frankreich ist das Essen, essentieller Teil der französischen Kultur. Deswegen geht es heute um die Sterneküche.

Der Guide Michelin

Hast du dich schon mal gefragt, ob der Guide Michelin und das Michelin-Männchen etwas gemeinsam haben? Die Antwort ist ja, denn beide gehören zu dem bekannten französischen Reifenhersteller. Wirklich! Michelin hat den ersten Guide am 14.04.1900 als Werkstatt-Wegweiser für die damals ca. 3.000 französischen Autofahrer herausgebracht. In dem Buch standen z.b. Tipps zum Umgang mit dem Auto und den Reifen sowie Namen von Werkstätten, Batterieladestationen und Benzindepots. Erst 1923 gab es erste Restaurant- und Hotelempfehlungen in dem mittlerweile kostenpflichtigen Guide. Im Laufe der Zeit kamen dann die Sternebewertungen hinzu und seit 1936 gibt es die auch heute noch gültigen Bewertungskriterien.

1, 2 oder 3 Sterne

Ein Stern: „Raffinierte Küche – einen Stopp wert!“
Zwei Sterne: „Spitzenküche – einen Umweg wert!“
Drei Sterne: „Einzigartige Küche – eine Reise wert!“

Aber es gibt mittlerweile nicht nur Sterne, sondern auch Bib Gourmand, grüne Sterne und Assiette (= Teller). Die Auszeichnung „Bib Gourmand“ (Von Bibendum, so heißt das Michelin-Männchen) steht für ein tolles Preis-Leistungsverhältnis bei den Mahlzeiten. Grüne Sterne werden seit 2020 für Nachhaltigkeit vergeben (wobei es um Aufzucht, Haltung, Transport und Verarbeitung der Lebensmittel geht) und Restaurants, die nach Ansicht der Redaktion empfehlenswert sind (auch wenn sie keine Auszeichnung erhalten), bekommen ein Teller-Symbol.

Übrigens wird mit den genannten Kriterien nur die Küchenleistung ausgezeichnet. Für Service und Ambiente werden (bis zu fünf) Bestecke vergeben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Restaurant mit einem Stern nicht zwangsläufig einen tollen Service oder eine ansprechende Einrichtung haben muss.

Mein Tipp lautet: Wenn du richtig gut essen willst, ohne arm zu werden, dann such dir Restaurants mit Bib Gourmand Auszeichnungen aus.
Wenn du schick feiern willst, dann achte besonders auf die Anzahl der Gabeln.

DIESEN GUIDE BENUTZEN

Damit du dich gut zurechtfindest, hier eine kurze Einführung:

Im Inhaltsverzeichnis findest du die einzelnen Stationen, wenn du sie in anderer Reihenfolge erkunden willst, kannst du mit dem Inhaltsverzeichnis navigieren.

Ich habe absichtlich keine Strecke vorgeben, sondern gebe dir Adressen, denn ich will dir nicht die Entdeckerlust nehmen. Du sollst die Gegend erleben und dich frei bewegen. Wenn du irgendwo abbiegen willst, dann tu das einfach! Die einzelnen Station sind die Ziele, wie du hinkommst, entscheidest du selber. Sobald du eine Station ausreichend erkundet hast und weitergehen willst, habe ich dir unter “Hier treffen wir uns wieder” einen Punkt genannt, ab dem du wieder in die Tour einsteigen kannst.

Hab einen schönen Tag und ganz viel spaß!


PLAYLIST


*Wenn bei einem Ereignis wie z.B. Urlaub alle Sinne angesprochen werden, wird der Eindruck fester im Gedächtnis verankert, weswegen ich diese Musik ausgesucht habe.
Und auch, um dir ein paar französische Interpreten vorzustellen. Also probier mal, mit der Musik unvergessliche Erinnerungen zu schaffen. (Hier geht‘s zur Spotify-Playlist)

Guillaume Grand – Toi & Moi
Mark Gillespie – The Light At The End
Larkin Poe – Look Away
Kaleo – Save Yourself
Angus & Julia Stone – Chateau
L.E.J – L’époux pour un soir
Fleurie, Tommee Profitt – Breathe
Meute – You & Me
Sophie Zelmani – Memories
Claudio Capéo – Un homme debout


WICHTIGES VORAB


Wenn du dich Fréjus von der Küstenstraße nähert, wunderst du dich möglicherweise erstmal, warum du hier überhaupt aussteigen sollst, es wirkt nicht gerade einladend, eher wie eine typisch verbaute Stadt am Meer. Da bin ich ganz bei dir und meinetwegen musst du in Fréjus an der Küstenstraße auch nicht unbedingt aussteigen :-). Ich bringe dich an Orte, wo sich das aussteigen lohnt.

Die Geschichte

An der Stelle vom heutigen Fréjus wurde bereits in der Antike gesiedelt. Das Forum Julii wie Fréjus damals hieß wurde wahrscheinlich von Cäsar selbst ca. 49 v. Chr. gegründet und unter Kaiser Augustus zu einer wichtigen Marinestadt ausgebaut, in der ca. 30.000 Menschen lebten. Überreste von einigen der Bauwerke können heute noch besichtigt werden – was du gleich tun wirst. Z.B. das römische Aquädukt und das Amphitheater. Die römischen Ruinen liegen über die ganze Stadt verteilt.

Zu Römerzeiten war die Stadt von einer Mauer mit 4 Stadttoren umgeben. Die Wasserversorgung erfolgte über ein knapp 40 km langes Aquädukt, von dem du an zwei Stellen Überreste sehen wirst. Historiker vermuten, dass die Stadt damit rund 300 Jahre lang mit Wasser aus dem Fluß Foux versorgt, wobei ein Großteil der Anlage unterirdisch bis kurz vor die Stadt verläuft.
Der frühere Hafen begann bereits in der Spätantike zu versanden und wurde zur Zeit der Französischen Revolution zugeschüttet. Einer der zwei Türme, die den Hafeneingang sicherten, ist noch erhalten. Die Laterne d’Auguste, das Leuchtfeuer Augustus, befindet sich mittlerweile quasi mitten in der Stadt, denn das Meer hat sich seit der Römerzeit um fast 2 km zurückgezogen.
Bei einem Spaziergang durch das heutige Fréjus stößt man überall auf Überreste aus der Römerzeit, z.b. Teile der Stadtmauer (Clos de la Tour), die Porte des Gaules (rue Henri-Vadon), das westliche Stadttor und die Porte d’Orée, wo noch Reste der Thermen zu sehen sind (rue des Moulins).

Im 4. Jh. wurde Fréjus Bischofssitz, der Hafen war mittlerweile ein Handelshafen und brachte der Stadt großen Reichtum.
940 wurde Fréjus zum ersten Mal zerstört (von den Sarazanen), als blühender Bischofssitz erstand sie wieder auf und war damit Frankreichs zweites Bistum, bis es Ende des 15. Jh. erneut zerstört wurde, dieses Mal durch Piraten und die Pest. Aber es wurde nie wieder so groß wie zu Zeiten der Römer.

Im Ersten Weltkrieg wurde Fréjus zum Stützpunkt für die Kolonialtruppen aus Afrika und Asien, was zu zwei sehr interessanten Bauten führte: der Moschee Missiri und der buddhistischen Pagode Hong Hien. Die Mosche wurde 1930 erbaut und ist eine Kopie der Moschee von Djenné im heutigen Mali. Sie liegt 5 km von Fréjus entfernt an der D4 Richtung Fayence und kann nur von außen besichtigt werden.
Die Pagode liegt neben einer imposanten Gedenkstätte, die du besuchen wirst.

Ein weiteres geschichtliches Ereignis muss noch erwähnt werden, denn es prägte das kollektive Gedächtnis von Fréjus und der gesamten Region: 1959 brach der nur wenige Kilometer entfernt liegende und erst 5 Jahre alte Staudamm. Die Flutwelle war gigantisch und erfasste große Teile von Fréjus. Über 400 Menschen starben an diesem Tag. Die Ursache ist nie endgültig geklärt worden.

Du siest, es war viel los in Fréjus im Laufe der Jahrhundert. Bereit, in die Geschichte einzutauchen?

Musik für die Anreise: Guillaume Grand – Toi & Moi


AUSGANGSPUNKT DER TOUR


Start ist am Mémorial du cinquantenaire de Malpasset, avenue de Verdun, 83600 Fréjus.

Tipp: Wenn Du mit dem Auto ankommst, kannst Du z.b. am parking des arènes gratis parken. Es gibt noch ein paar weitere gratis Parkplätze in Fréjus.

Die heutige Strecke kannst Du komplett zu Fuß erledigen, wenn Du möchtest. Die geschichtlichen Highlights von Fréjus liegen auf einer Strecke von ca. 5km. (Wenn Du meinen Bonustipp noch mitnehmen willst, sind es 8 km.) Zurück kannst Du ein Taxi oder Bus nehmen.
Oder vielleicht leihst du ein Fahrrad oder eine Vespa und machst die Tour damit.


1. STATION


Mémorial du cinquantenaire de Malpasset

Musik am Memorial: The Light At The End – Mark Gillespie

Ca. 30 km oberhalb von Fréjus im Reyran-Tal ereignete sich am 2.12.1959 eine der größten Katastrophen in der Geschichte Frankreichs, als um 21:13 Uhr der Staudamm von Malpasset brach. Mindestens 423 Tote und viele Vermisste, die nie gefunden wurden, weil die Flutwelle alles mit sich riss und ins Meer spülte. Eine 1,5 Kilometer breite Schneise der Verwüstung. 50 Millionen Kubikmeter Wasser rauschten in einer 40 Meter hohen Flutwelle mit 70 km/h Richtung Meer. Nach 20 Minuten erreichte sie Fréjus und hinterließ nichts als Schlamm und Verwüstung. Man kann es sich kaum vorstellen. Wen Du bis zum Staudamm läufst, kommst du an riesigen Betonteilen vorbei, die im Flusslauf weit vom Staudamm entfernt liegen. Da bekommst du ein Gefühl für die ungeheure Kraft der Wassermassen.

Es ist eine unglaubliche Katastrophe, viele Familien in Fréjus haben sich nie davon erholt, fast jede hat einen Angehörigen oder Bekannten verloren. Die Katastrophe wurde nie richtig aufgearbeitet, niemand ist zur Rechenschaft gezogen worden, es gibt keine Veröffentlichen.

An dieser Gedenkstätte, vor der du stehst, wird an den Tag und die Opfer gedacht. Dieses Unglück ist eines der größten neuzeitlichen Ereignisse in der Geschichte Frankreichs.

Insidertipp: Ihr könnt die Überreste des Staudamms besichtigen. Nach einer kleinen Wanderung von ca. 1,5 Std. erreicht Ihr vom Parking départ excursion du barrage de Malpasset aus die Reste der Talsperre.

Hier treffen wir uns wieder

Direkt neben dem Memorial (296 Rue Henri Vadon) befindet sich das Amphitheater, das du als nächstes ansiehst.


2. STATION


Arena

Das römische Amphitheater (Les Arènes) wurde im 1. Jh. n. Chr. errichtet und bot bei einer Höhe von 28 Metern fast 14.000 Zuschauern Platz, die sich hier von Gladiatorenkämpfen und Tierhatzen unterhalten liessen.
Da es überwiegend für die Unterhaltung der einfachen Soldaten gedacht war, war es nicht sehr groß, lediglich 114 m lang und 82 m breit.
Heutzutage finden in der Arena immer noch Veranstaltungen statt, allerdings sind die Überreste nur mehr ca. 13 m hoch und somit reicht der Platz darin für max. 5.000 Personen aus.

Falls du das Gebäude von innen besichtigen willst, musst du Eintrittsgeld bereit halten.

260 m weiter die rue Henri Vadon hinunter befindet sich die Porte des Gaules, das westliche Stadttor. Da du sowieso in diese Richtung gehst, empfehle ich, daran vorbeizulaufen. Es ist eingezäunt, aber sichtbar. Die Porte d’Orée befindet sich in der rue des Moulins, ist aber eigentlich nur ein kleines Stück Mauer.

Musik für die Stimmung: Larkin Poe – Look Away

Hier treffen wir uns wieder

Als nächstes besichtigst du die Kathedrale in der rue de Fleury.
Flaniere unbedingt auch ein bisschen durch die Altstadt und schau sie dir an, bevor du dich der Kathedrale zuwendest.

Übrigens ist direkt neben der Kathedrale der Marktplatz. Üblicherweise findet der Markt Mo-Sa vormittag statt. Falls du also an einem dieser Tage hier bist, dann kauf doch für ein Picknick ein und mach es dir nachher im parc aurélienne zum Essen gemütlich. Oder gönn dir einen Kaffee oder einen Pastis in einem der umliegenden Cafés. (Falls kein Markt ist, kannst du dir in einer Bäckerei ein belegtes Baguette mitnehmen. Es gibt formule, das sind Menüs: Du bekommst das Baguette, ein Getränk und einen Nachtisch für einen akzeptablen Preis, ca. 10-15 €.)


3. STATION


Cathédrale Notre-Dame et Saint-Léonce

Anlässlich des Konzils von 374 wird zum ersten Mal eine christliche Gemeinde in Fréjus erwähnt.
Von der ursprünglichen Kathedrale aus dieser Zeit ist nur noch eine Mauer übrig, die im südlichen Säulengang des heutigen Klosters besichtigt werden kann.

Die heutige Kathedrale wurde vom 11. bis 14. Jh. errichtet und besteht aus zwei nebeneinander liegenden Schiffen. Das linke hat ein romanisches Tonnengewölbe, ist ca 100 Jahre älter als das rechte und dem heiligen Stephanus gewidmet. Das rechte hat ein frühgotisches Kreuzrippengewölbe und ist der Jungfrau Maria gewidmet. Der Glockenturm stammt aus dem 16. Jh.
Bemerkenswert ist die Taufkapelle, die zu den ältesten und besterhaltensten Frankreichs zählt. Sie stammt aus dem 5. Jh. und hat einen achteckigen Grundriss. Bis zum 18. Jh. liefe eine Taufe hier so ab: der Täufling betrat das Baptisterium durch die niedrige Tür, wurde vom Bischof vollständig im Taufbecken untergetaucht, mit geweihtem Öl gesalbt und durfte anschließend durch die hohe Tür zum ersten Mal in die Kathedrale eintreten. (Ungetaufte durften das nämlich nicht.)

Der Kreuzgang wurde im 13. und 14. Jh. für die Geistlichen des Klosterkapitels errichtet. Das zweite Geschoss wurde während der französischen Revolution weitgehend zerstört.
Die Decke des Kreuzgangs ist eine Besonderheit, sie wurde im 14. Jh. aus Lärchenholz gefertigt und jede einzelne der über 1200 Kassetten wurde verschieden bemalt, mit Porträts, Heiligen, Szenen aus kirchlichem und alltäglichen Leben und Fabelwesen. Wahrscheinlich war das nur möglich, weil es sich nicht um einen Kreuzgang des Mönchsklosters handelte, sondern jeder der wollte durch diesen Kreuzgang in die Kathedrale gehen konnte.
Schaut also unbedingt nach oben, denn diese Deckengestaltung ist ein in Frankreich einzigartiges und sehr ungewöhnliches Beispiel für Wandmalerei aus dem 14. Jh.

Musik für die Besichtigung: Kaleo – Save Yourself

Hier treffen wir uns wieder

Mach erstmal ein Päuschen und erhol dich ein bisschen, denn als nächstes geht es wieder viele Jahrhundert zurück. Wir gehen zum römischen Theater, avenue du Théâtre Romain.


4. STATION


Théâtre Romain & Aquädukt

Das Theater wurde zur gleichen Zeit wie die Arena erbaut, also im 1. Jh. v. Chr. und ist ebenso wie sie recht klein. Mit dem Durchmesser von 84 m konnte es damals ca. 2.000 Gäste aufnehmen, heute finden noch 900 Platz.

Ein Stück weiter auf der Hauptstraße kommst du an einem beeindruckenden Stück des Aquädukts vorbei: 405-561 Av. du 15eme Corps d’Armée.

Das römische Aquädukt wurde ca. im 1. Jahrhundert erbaut und diente über 300 Jahre lang dazu, Wasser vom Fluss Foux und dem Fluss Siagnole über vierzig Kilometer nach Fréjus zu bringen. Die ersten fünf bis sieben Kilometer sind immer noch in Betrieb.
Heute zeugen noch einige Pfeiler und Arkaden von dieser architektionischen Meisterleistung antiker Baukunst.

Musik für das Theater: Angus & Julia Stone – Chateau
Und Musik für die Weiterfahrt: L.E.J – L’époux pour un soir

Hier treffen wir uns wieder

Du hast noch eine Station in der römischen Antike, bevor du einen riesigen Zeitsprung machst und im 20. Jh. ankommst. Die letzte Station römischer Baukunst befindet sich im Park Aurelia. Av. du Général d’armée Jean Calliès.


5. STATION


Park Aurelia

Direkt am Eingang des 22 Hektar großen Parkes gibt es ein weiteres Teilstück des römischen Aquädukts. Wenn du die Strecke mit dem Rad gekommen bist, kannst du dir jetzt wahrscheinlich besser vorstellen, wie lang das Aquädukt einst war.

Im Park machst du nun den erwähnten Zeitsprung: Die Villa Aurelia, im Renaissancestil erbaut, stammt von 1880 und ist nur zugänglich, wenn Ausstellungen stattfinden. Aber von außen sieht sie wirklich eindrucksvoll aus.
Falls du dir ein Picknick mitgebracht hast, dann such dir ein hübsches Plätzchen und lass es dir schmecken.
Hast du auch die vielen Fliesen mit Tierzeichnungen an dem Hauptweg Richtung Villa bemerkt?

Musik für auf-dem-Rücken-liegen-&-die-Sonne-durch-die-Blätter-sehen: Fleurie, Tommee Profitt – Breathe

Hier treffen wir uns wieder

Der nächste Zeitsprung bringt dich zur Mitte des 20. Jh.
Wir treffen uns vor dem Denkmal für die im Indochinakrieg Gefallenen, 862 Av. du Général d’armée Jean Calliès.


6. STATION


Denkmal für die Gefallenen im Indochina-Krieg

Jetzt kommen wir zu einem nicht sehr schönen Thema: Krieg. Über Frankreichs komplexe Kolonialgeschichte will ich jetzt nicht referieren, ich schreibe nur auf, was du brauchst, um zu verstehen, was es mit dieser Gedenkstätte auf sich hat. Aber erst mal zur Gedenkstätte selber.

Musik zum Text-Lesen: Meute – You & Me

Das beeindruckende Denkmal wurde vom Architekten Bernard Desmoulin entworfen und besteht aus einer kreisförmigen Promenade mit einem Durchmesser von 110 m, die auf Stelzen über dem Boden steht. Es wurde am 16.02.1993 eingeweiht und ist der Erinnerung an die Soldaten gewidmet, die zwischen 1939 und 1954 u.a. in Indochina für Frankreich gefallen sind.
Die “Mauer der Erinnerung” ist 64 m lang und geht einmal quer durch das Hauptgebäude. Hier sind die Namen von fast 35.000 gefallenen Soldaten verewigt, die ihr Leben für Frankreich gaben und deren Leichen entweder vermisst, zurückgelassen oder den Familien übergeben wurden. Die Namen sind nach Todesjahr geordnet und in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet.
Aber es ist nicht nur ein Denkmal, sondern auch eine Nekropole, denn auf zwei Ebenen liegen hier die Überreste von 17.255 identifizierten und 3.152 unbekannten Soldaten. In der unteren Ebene befinden sich die Toten aus Südvietnam und in der oberen Ebene diejenigen aus Nordvietnam.
Im zivilen Teil der Gedenkstätte ruhen die Überreste von 3.515 Zivilisten.
Auf dem Gelände wurde eine Andachtsstätte für Meditation und innere Einkehr geschaffen, die den vier Hauptreligionen gewidmet ist.

Zur Geschichte

Der Indochinakrieg ging von 1946 – 1954 und war ein Krieg zwischen Frankreich und der kommunistischen “Liga für die Unabhängigkeit Vietnams” (= “Viet Minh“).
Die französische Seite versuchte, ihre politische Herrschaft in der Kolonie wieder herzustellen, nachdem sie durch die japanische Einflussnahme im Ersten Weltkrieg vorübergehend entmachtet wurde. (“Die französische Landnahme erfolgte ab 1858 im Süden Indochinas unter Einsatz von militärischer Gewalt, 1887 war die Kolonisierung der Region abgeschlossen worden.” Quelle: Wikipedia)
Die Viet Minh verfolgten das Ziel eines unabhängigen und kommunistischen Vietnams. 
“Bis 1949 war der Konflikt vor allem ein Guerillakrieg […] Ab 1949 entwickelte sich der Konflikt […] zu einem Stellvertreterkrieg innerhalb des Kalten Krieges. […] nach der Niederlage von Dien Bien Phu [willigte Frankreich] auf der Indochinakonferenz 1954 in Genf in eine Verhandlungslösung ein, die maßgeblich von China bestimmt war und die durch die Intervention der USA in die Teilung Vietnams mündete. Diese Teilung des Landes führte schließlich zum Vietnamkrieg. […] Der Krieg war Teil einer Kette von militärischen Auseinandersetzungen, die in den Ländern Indochinas von 1941 bis 1979 stattfanden.” (Quelle: Wikipedia)

Die Friedhöfe, auf denen die gefallenen französischen Soldaten in Vietnam begraben waren, wurden auf französische Kosten unterhalten. 1982 forderte die vietnamesische Regierung, dass drei Friedhöfe in dicht besiedelten Gebieten entfernt werden sollten. Ab 1986 wurde deshalb mit der Rückführung von 27.000 Leichen französischer Soldaten und Zivilisten begonnen, was insgesamt ein Jahr dauerte.
Die Stadt Fréjus bot als Platz für das Denkmal für die Kriege in Indochina das Gelände eines ehemaligen Militärlagers an.

Musik für den Rundweg: Sophie Zelmani – Memories

Am Eingang gibt es ein kleines Museum zur Geschichte Französisch-Indochinas.
Nimm dir Zeit und lass die Stimmung dieses beeindruckenden Gebäudes wirken.

Dies war die letzte “offizielle” Station unserer Tour durch die Epochen in Fréjus.


Insidertipp


Pagode Hông-Hiên

Die Pagode befindet sich gleich neben dem Denkmal und ist unbedingt einen Besuch wert, einfach, weil es unglaublich surreal ist, eine buddhistische Anlage mitten in der französischen Vegetation zu besuchen.
Allerdings wird eine Eintrittsgebühr erhoben und es gilt, die Öffnungszeiten zu beachten.

Die Pagode wurde 1917 vom 4. Infanterie-Regiment der Kolonialtruppen aus Indochina nach Vorbild der traditionellen Pagoden aus Vietnam erbaut. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde das Gelände verlassen und verfiel, bis 1954 vietnamesische Flüchtlinge mit der Renovierung begannen. Bis heute ist die Pagode als Gotteshaus in Betrieb.
Im umliegenden Garten befindet sich ein taoistischer Tempel und viele Statuen. Der goldene, schlafende Buddha ist mit 10 m Länge der größte Europas.
Beeindruckend ist die zwei Tonnen schwere und zwei Meter hohe Glocke, die man vorsichtig (!!) anschlagen darf. Anschließend legt man seine Hände auf die Glocke und lässt sich von den Vibrationen durchdringen, bis sie verhallen. Die freundlichen Mitarbeiter am Empfang erklären das Prozedere genauer.
Auch beeindruckend sind die vielen Lotuspflanzen im Teich vor der Pagode, die übrigens nur von Buddhisten betreten werden darf.
Lass dir Zeit hier und tauche in die fremde Kultur ein.

Musik: Claudio Capéo – Un homme debout


BONUS


Chapelle Notre-Dame-de-Jérusalem

3,5 km von der letzten Station entfernt befindet sich die Chapelle Notre-Dame-de-Jérusalem. Sie ist die letzte Kapelle, die Jean Cocteau gestaltet hat. Du weißt vielleicht, dass dieser Allround-Künstler viele Jahre an der Côte d’Azur lebte und u.a. mehrere Kapellen bemalt hat sowie den Hochzeitssaal im Rathaus von Menton. 1963 starb Cocteau und konnte seine letzte Arbeit an der Kapelle Notre-Dame-de-Jérusalem nicht mehr beenden. Sein Adoptivsohn übernahm die Fertigstellung.
Der Eintritt in die Kapelle ist frei, allerdings solltest du die Öffnungszeiten beachten.

Letztes Lied: Sophie Zelmani – Memories

Ende

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